04.11.2010 Meine Meinung zu:
Neubauplanung der Sparkasse LeerWittmund
 
Früher hatte sie einen längeren Namen:
Kreis- und Stadtsparkasse Leer-Weener. 
Das zeigte, wem sie verpflichtet war und wohin sie gehörte. Das drückte sich auch im äußeren Erscheinungsbild der Hauptstelle am Denkmalsplatz aus. Als ihre „Kinder“ entstanden in Stadt und Landkreis, unter Wettbewerbsbedingungen von überwiegend ostfriesischen Architekten entworfen, architektonisch in die ostfriesische Umgebung eingepaßte Nebenstellen.
Für uns Leeraner war die Hauptstelle am Denkmalsplatz immer die „Sparkasse“, mit Eigentumsbeteiligung der öffentlichen Hand, fest im Leben der Stadt und des Landkreises verwurzelt. Neben dem gewerblichen Mittelstand vertrauen viele Privatsparer der Sparkasse ihr Geld an.
Das aber ist keine Einbahnstraße. Auch für die Sparkasse leitet sich daraus eine Verpflichtung ab: Sie muß – selbstverständlich - sparsam und wirtschaftlich mit den Einlagen ihrer Kunden umgehen. Sie darf aber bei ihrer Geschäftspolitik nicht nur geldliche Eigeninteressen verfolgen, sondern auch die Interessen der Kunden und die der Stadt. Nähe zum Privatkunden sollte zwar oberste Priorität haben. Als öffentliche Sparkasse, die im Mitbesitz von Städten und Gemeinden ist, hat sie zusätzlich bei Bauplänen aber auch eine Mitverantwortung für eine gute Stadtgestaltung. Die Sparkasse ist ein Stück öffentliches Eigentum und hat das durch ihr äußeres Erscheinungsbild zu zeigen. 
 
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Die angesprochene Kundennähe ist der Sparkasse offenbar abhanden gekommen. Rationalisierung ist Trumpf. Beweis: Vor einiger Zeit wurde die Nebenstelle an der Edzardstraße trotz Protest der dortigen Kunden rücksichtslos geschlossen. Begründung: Nicht mehr zeitgemäß, nicht mehr wirtschaftlich. Heißt: Nicht mehr profitabel. Nun soll die Hauptstelle am Denkmalsplatz fallen. Das 1984 hervorragend in das Stadtbild eingepaßte Sparkassengebäude soll abgerissen werden. Wertvolles Volksvermögen wird zerstört. Ein Gebäude, nur ein Vierteljahrhundert alt, soll weg. Die Sparkasse LeerWittmund reiht sich munter in die Reihe der anderen Banken und Geldinstitute ein, die Bankpaläste bauen und denkt offenbar nur noch an den Profit.

Foto: Berend Schröder 2003

 
 Schon einmal sprach Sparkassendirektor Feldmann von einem Abbruch, weil man sich in die Baumaßnahme der ECE mit einbringen wollte. Damals ging eine Welle der Entrüstung durch die Bevölkerung. Viele Kunden wollten dann ihre Konten auflösen und sich ein anderes Geldinstitut suchen. Das könnte wieder passieren, wenn die Sparkasse die jetzt vorgestellte Planung verwirklicht!
       
Man könnte meinen, bei der Sparkasse sei nun auch der Größenwahn der Geldinstitute angekommen:
Sie beabsichtigt,
  • wertvolle Bausubstanz zu zerstören, 
  • die wir mit unseren Spareinlagen mitfinanziert haben,
  • die der Osnabrücker Architekt Oltmanns (?) mit viel Mühe und Einfühlungsvermögen als Platzrand konzipiert hat.
Sie möchte einen Baukörper entfernen, der wegen seiner Einfachheit und seiner gekonnten Fassadenkonzeption einfach passend und rücksichtsvoll mit dem Platz umgeht. Nie hat es Proteste wegen der Baugestaltung gegeben! Das Gebäude war ein Stück Denkmalsplatz, das in seiner angepassten Bauweise gefiel.
 
Nicht umsonst ist die Stadt Leer Einkaufsstadt Nummer 1 in Ostfriesland. Es ist sehr stark die Fußgängerzone mit dem Denkmalsplatz, die die Innenstadt prägt. Hier ist es besonders die geschlossene und homogene , überrwiegend giebelständige Straßenrandbebauuung mit Geschäftshäusern, die auf ca. 1 km Länge zwischen Bahnhof und Rathaus immer wieder Menschenmassen anzieht – nicht nur zum Kaufen, sondern auch zum Flanieren.
  • Immer wieder hören wir insbesondere von auswärtigen Gästen, dass die kleinteilige Bebauung der Fußgängerzone anspricht.
  • Mit diesem Pfund müssen wir auch in der Zukunft wuchern!
  • Wir müssen aufpassen, dass nicht Lücken entstehen.
  • Oder Bauklötze, die die städtischen Proportionen in der Innenstadt sprengen, keinen Bezug zu den Nachbarhäusern haben.
  • Seitens der Stadt müssen Kriterien entwickelt werden, die das besondere an baulicher leeraner, meinetwegen auch ostfriesischer Fassadengestaltung sicherstellen. Zumindest bei stadtbildprägenden Objekten. Das hat nichts mit Heimattümelei zu tun, sondern mit Verantwortung. Und es  kann eine reizvolle Aufgabe sein, für diese überlieferten Bauformen eine moderne Weiterentwicklung zu finden.  
Ich denke, dass der Denkmalsplatz hier eine besondere Bedeutung hat. Als zentraler Platz muß er Mittelpunkt dieser Bebauung bleiben. Bei einem Besuch der östlichen Länder Europas können wir sehen, wie gerade zentrale Plätze liebevoll restauriert werden. Da scheut man sich nicht, zerstörte Fassaden des ausgehenden Mittelalters wieder neu aufzubauen (z.B. Riga). Oder denken wir an die Marktplätze der Hansestädte an der Ostseeküste. Mit wie viel Liebe bekennt man sich zu der gebauten Geschichte der Innenstädte und zeigt das auch.
 
Nun ist der Denkmalsplatz im Laufe der Zeit ein Bankenplatz geworden. Die Geldinstitute haben auf unterschiedliche Art und Weise durchaus verantwortungsvoll versucht, sich baulich einzupassen. Das geht historisierend (Deutsche Bank), modern, zeitlos und schlicht (Oldenburgische Landesbank) und zeitangepaßt (bisherige Sparkasse). Das Ensemble ist denkmalsverdächtig, eine schöne Symbiose verschiedener Baustile.
Auch bei den Bauplänen der Sparkasse ist nicht grundsätzlich ein Neubau abzulehnen. Aber Einpassen in die Platzgestaltung muß er sich! Auch Rücksicht nehmen auf die Geschossigkeit, die Geschoßhöhen, die absolute Bauhöhe, die senkrechte Fassadengliederung – um nur ein paar Kriterien zu nennen. Es ist hier eben eine ganz andere Situation gegeben, als beispielsweise bei Leffers. In einer vergleichbaren Situation, was die Ecklage und die Größe angeht, hat man dort beispielhaft die Fassaden erneuert: Zeitgemäß und bis zur letzten Ecke in einheitlicher moderner Gestaltung. Die Höhe passte zur Nachbarbebauung, es waren keine kleinteiligen Altstadthausgiebel zu berücksichtigen und es grenzte kein historischer Platz mit einen Denkmal an. So konnte man die vorhandene zu einer moderneren Außenwandgestaltung weiterentwickeln, die als gelungen bezeichnet werden muß.
 
Sicherlich wird auch einmal der Denkmalsplatz, sollte eine Neubebauung des Sparkassengrundstücks denn wirklich notwendig werden, eine neue Kulisse erhalten. Eine Herausforderung für einen Stadtplaner, eine große Aufgabe für den Architekten. Ich würde einer passenden Randgestaltung des öffentlichen wichtigsten Platzes in der Innenstadt absoluten Vorrang einräumen vor dem Profitbegehren eines Geldinstitutes. Auf keinen Fall darf die maximale Ausnutzung des Grundstücks an dieser Stelle Priorität haben. Hier liegt eine große Verantwortung bei den Entscheidungsträgern der Sparkasse und bei den Damen und Herren des Rates und der Verwaltung der Stadt Leer, auch bei den Aufsichtsgremien einschließlich der Denkmalspflege.
 
In folgendem sollen die Fotos der Ansichtspläne, die die Ostfriesen-Zeitung in ihrer Ausgabe vom 02.November 2010 veröffentlicht hat, noch einmal vorgestellt werden:
                                                                                                                   
  
 
2 Fotos: Ostfriesen-Zeitung vom 02.11.2010
                                                                                                                                           
                 
Die Planung der Sparkasse sieht vor:
Ein neues Solitärgebäude, nach meiner Auffassung zu groß, protzig, steif – wie eine aufgestapelte Containerhalde - gegenüber dem Denkmal. Es nimmt keine Rücksicht auf die umgebende Architektur. Ein riesiger Bauklotz, der herrschen will, die schönen Geschäftshäuser in der Nachbarschaft zur Staffage degradiert. Während die auswärtigen ECE-Planer, östlich mit ihrer Bauplanung daran anschließend, Rücksicht nehmen auf unsere Stadtstruktur, indem sie die Fassaden der Häuser erhalten und sich dahinter baulich ausbreiten, geht die einheimische Sparkasse den Weg der Provokation: Sie wagt es, uns Bürgern und Bankkunden einen Plan vorzulegen, der nun auch gar nichts mit ostfriesischer Baukunst, auch nicht mit einer weiterentwickelten, sondern nur noch mit gebautem Gigantismus zu tun hat. Ein Bankgebäude, das in keiner Weise an den Platz und die umgebende Bebauung angepasst ist. Das überall stehen könnte: In Berlin, in Stuttgart, in München, in Moskau oder New York. Es wurden eben nicht die Proportionen und die Gestaltung, für die die ostfriesischen Mittelstädte berühmt sind, gewählt. Das Gebäude hat keinen Bezug zu Leer, zu seiner Baugeschichte, zu seinen Nachbarhäusern.
Haben wir nicht aus dem „Kleemann-Bunker“ gelernt? Auch dort steht ein Baukörper, der gestalterisch gar nicht einmal so schlecht ist, am falschen Platz. Im Gegensatz zu dort können wir die Fassaden am Denkmalsplatz und an der Adenauer-Passage später allerdings nicht mit Bäumen kaschieren. Dieser Gebäudekörper, der sich nun wirklich nicht einfügt, darf so nicht verwirklicht werden.
 
Höchst fragwürdig ist auch der gläserne Turm an der Süd-Ost-Ecke, schiefwinklig in jeder Fläche, energetisch kontraproduktiv, ein Libeskind-Verschnitt[1], den sich heute jede Stadt wohl gönnen will.
  • Er ist nicht viergeschossig, wie untertreibend gesagt wird, sondern ca. 20 m hoch.
  • Ich halte diesen i-Punkt in seiner Form und Gestaltung, insbesondere auch in dieser Ecklage, für nicht kompatibel zu dem geplanten Gebäude. Er dominiert im Verhältnis zum Gebäudekörper des geplanten Sparkassenneubaus zu stark.
  • Die Glasskulptur ist auch nicht aus der Architektur des Hauptgebäudes heraus entwickelt, stellt auch keinen Kontrapunkt dar. Das wären bei der flächig-rechteckigen Fassadengestaltung des geplanten Sparkassengebäudes eher runde Formen gewesen.
Man muß hier doch primär sehen, in welcher Umgebung der Glaskörper errichtet werden soll: Am Platzrand, gegenüber dem Denkmal. Diese mächtige Glasplastik würde in Konkurrenz treten zum Denkmal und nicht nur ihm, sondern dem gesamten Platz die Bedeutung nehmen. Der Glaskubus ist reiner Protz, hat mit Architektur nichts zu tun, stört den Denkmalsplatz erheblich und auch er sollte daher nicht in dieser Form verwirklicht werden. Auch die wirtschaftliche Seite sollte gut überlegt werden: Architekt Seele hat z.B. in Esens im Bereich hinter der Kirche einen ähnlichen Glasturm mit einer angrenzenden Höhenterrasse entwickelt, für sich gesehen sehr gut gestaltet, aber in der heutigen wirtschaftlichen Situation ein Flopp. Geschäftlich kaum nutzbar. Vielleicht sollte man sich vor einer Entscheidung erst einmal vergleichbare Glastürme ansehen.
                               
Wie man liest, zwingen Raumprobleme die Sparkasse, baulich zu investieren. Das kann ich nicht beurteilen. Die Notwendigkeit für einen Neubau mag man ja begründen können. Aber ein so schönes Gebäude, dazu noch in 1a-Toplage am Denkmalsplatz, das sicherlich nicht vergrößert werden kann, lässt sich doch verkaufen! Und durch einen Neubau an anderer Stelle ersetzen!
Vielleicht mit einem höheren Gebäude in zweiter Reihe, wie es
  • das Finanzamt,
  • die Kreisverwaltung oder im kleinen,
  • das Steuerbüro Bartels in Heisfelde
in vorbildlicher Art und Weise gemacht haben. Es gibt z.B.
  • den Parkplatz neben dem EWE-Parkhaus,
  • das jetzt freigewordene Hotelgrundstück an der neuen Hafenbrücke (mit rundem 8-geschossigem Glasturm),
  • den Kopfrand am Hafen vor dem Polizeigebäude.
  • Oder an geeigneter Stelle am Stadtrand, wo Osnabrück mit dem Kreisverwaltungsneubau Vorbild sein könnte.
Selbstverständlich muß auch die Sparkasse, wie jeder Bauwillige, Einstellplätze für alle Angestellten (wieviel waren es doch gleich?) und für Kunden auf dem eigenen (!) Grundstück (mehrstöckige Tiefgarage ?) vorhalten. Wo sind diese 200 bis 300 Plätze ausgewiesen?
 
Es geht der Sparkasse doch wohl nur um eine möglichst profitable Ausnutzung des wertvollen Eigengrundstücks zu 100% in der 1a-Lage der Stadt. Alles, was das Bauordnungsrecht hergibt, wird herausgekitzelt. Hauptsache, das Grundstück wird „restlos“ überbaut.
Neben der zu kritisierenden Fassade wird das Grundstück zu stark überbaut. Mit der bekanntgewordenen Nutzfläche (oder Geschoßfläche?) von  15.000 m2 entspricht das geplante Gebäude in etwa der Verkaufsfläche des Emsparks, hat etwa die gleiche bis jetzt bekanntgewordene Größe der benachbarten geplanten ECE-Stadtgalerie. Auch ist eine meines Erachtens um mindestens ein Vollgeschoß zu hohe Bauhöhe geplant. Etwas wird man ja wohl noch herunterhandeln, denn das Baurecht der Stadt kennt in der Höhe schließlich auch Grenzen. Wie auch in der Ausnutzung der Fläche.
Während das heutige Sparkassengebäude sich zum Denkmalsplatz oberhalb der Eingangsebene mit zwei Vollgeschossen darstellt und mit einem schönen rot eingedeckten Dachgeschoß abschließt, sieht die jetzt vorgestellte Bauplanung oberhalb der Erdgeschoßebene drei Vollgeschosse vor, an beiden Straßenfronten also eine ca. 15 Meter hohe Bauweise, senkrecht-rechteckig gefächert und mit geradem Flachdachabschluß.
 
Die Fotos in der Ostfriesen-Zeitung zeigen,
  • dass das Grundstück zu stark überbaut wird.
  • Nicht zu erkennen sind die Einstellplätze, die in mindestens zwei Tiefgeschossen (Carolinenhof Aurich) untergebracht werden könnten.
  • Die Gebäude sind viel zu hoch, müssten in der Rinnenhöhe des jetzigen Gebäudes aufhören, eventuell mit zusätzlichem Dachgeschoß, das ja auch ausgebaut sein könnte.
  • Wenn vom Denkmalsplatz aus nicht einsichtig, könnte hinter einer Dachfläche zurückgesetzt in diesem Dachbereich ein großer verglaster Veranstaltungsraum entstehen. Ähnlich dem neuen aufgesetzten Veranstaltungsraum bei der Seefahrtsschule.
  • Die Fassaden aller drei Sichtseiten müssten neu gestaltet werden. Dafür würde sich ein Architektenwettbewerb anbieten.
  • Der Glasturm sollte nicht in dieser Form und Ausführung an der geplanten Stelle errichtet werden.
 
Aber besser wäre, der Kelch würde an uns vorbeigehen und die Sparkasse würde sich entschließen, an anderer Stelle zu bauen und damit der Stadt und dem Denkmalsplatz das vorhandene Gebäude erhalten. Anregungen siehe oben.
 
Bislang wurden die Abbruch- und Neubaukosten noch nicht genannt. Vielleicht ist das auch gut so. Nun kann man sich zunächst mit den baulichen und stadtgestalterischen Fakten auseinandersetzen. Aber dann müssen auch die Zahlen auf den Tisch. Die Öffentlichkeit, die mit ihrem Geld die Sparkasse trägt, hat einen Anspruch darauf. Wir haben gerade erst eine Bankenkrise hinter uns, an die die Geldinstitute ein gerüttelt Maß an Mitverschulden tragen. Man sollte also meinen, besondere Vorsicht sei geboten, wenn es um erhebliche Bauinvestitionen geht. Sparsamkeit und Bescheidenheit wären ein Weg, um beispielhaft voranzugehen und das getrübte Bild der Geldinstitute in der Öffentlichkeit wieder aufzupolieren.
 BS
[1] Daniel Libeskind, amerikanischer Stararchitekt, der z.Zt. sehr begehrt ist.