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Innenstadtübergreifendes Fahrradverkehrssystem Leer
hier: Bahngeländequerung für den Langsamverkehr
in der Innenstadt von Leer
Die Diskussion um die sog. Bahnsteigunterführung und den Fußgängertunnel an der Bremerstraße wird m.E. zu eng geführt. Ich möchte dazu einmal folgende grundsätzlichen Gedanken vortragen und entsprechende Vorschläge unterbreiten:
1. Großräumiger planen
Das alte Stadtgebiet Leer (Innenstadt und sein nördlicher Stadtteil Heisfelde) ist seit dem Eisenbahnbau im vorletzten Jahrhundert in eine West- und eine Oststadt geteilt. Es gibt (außer dem höhenverschiedenen Stadtring) nur die drei Übergänge Moorweg, Logaer Weg und Bremer Straße. Dazu die beiden Tunnel an der Bremer Straße und am Ostermeedlandsweg, die aber beide unzureichend, z.T. behindertenfeindlich sind.
Über den zentralen Übergang an der Bremer Straße wird schon seit hundert Jahren geschimpft.[1] Doch grundlegendes hat sich für den Innenstadtverkehr, hier insbesondere den Langsamverkehr (Fußgänger, Radfahrer, Rollstuhlfahrer, Senioren mit Rollator, Kinderwagen) nicht geändert. Dabei wäre das, sieht man auch die ständige Zunahme der älteren Mitbürger und den wünschenswerten Fahrradverkehr, so wichtig.
Ich bin der Ansicht, man diskutiert das Problem zu sehr von der Innenstadtlage aus und versucht nur Lösungen, die sich auf den Bahnhof und seine Probleme beschränken. Vielmehr muß aber weiträumiger die bahnübergreifende Verknüpfung der Oststadt mit der Weststadt mehr in den Fokus gerückt werden. Es ist auch mehr die Bedeutung Leers für den Radtourismus („bike & bahn“) einzubeziehen. Kurz und gut: Man muß weiträumiger, eisenbahnlinienübergreifender, auch stadtübergreifender, planen. Es reicht nicht, sich nur mit den Problemen der Bahn im Bahnhofsbereich zu beschäftigen.
In einem Masterplan sollte man daher zunächst ein ortsübergreifendes Fahrradverkehrssystem Leer entwickeln, mit einer Achse Moormerland-Ihrhove und einer weiteren senkrecht dazu verlaufenden Achse mit der Fernverbindung Uplengen – Rheiderland (diese letztgenannte zunächst mit einem innerstädtischer Teilabschnitt Evenburg – Denkmalsplatz). Die Verknüpfung beider Routen sollte am Bahnhof in Leer erfolgen, um auch den Fahrradtourismus auf der Schiene mit einzubinden. Erst wenn so ein übergeordnetes Langsamverkehrskonzept steht und verbindlich festgeschrieben ist, kann man an die Verwirklichung darin eingebundener Teilabschnitte gehen.
Ein Teilabschnitt würde die sachgerechte Bahngeländequerung nach städtischem Bedarf im Bereich des Bahnhofs sein. Dabei können dann die Belange der Bahn mit einfließen. Bislang ist es so, dass die Bahn Pläne vorstellt, die nicht mit in ein weiträumiges Fahrradverkehrskonzept der Stadt eingepasst werden können – weil es so ein bauleitplanungsmäßig abgesichertes Gesamtkonzept noch nicht gibt.
In Nord-Süd-Richtung wäre die Radroute Moormerland – Ihrhove (mit den Knackpunkten Stadtring und Eisenbahnbrücke) noch besser für den Fahrradverkehr entlang der Bahnlinie auszubauen und zwischendurch der Ostfriesland- Wanderweg anzuschließen. Doch das wäre ein Sonderthema.
In Ost-West-Richtung sollte eine Fahrradachse von der Evenburg (symbolisch gemeint) bis zum Denkmalsplatz geschaffen werden. Wobei weite Bereiche schon fertig sind oder sich zur Weiterentwicklung anbieten. Ich denke an die Achse Allee/ Evenburgallee, alternativ an die Achse Kleine Allee/ Hoheellernweg. Beide münden in die Reimersstraße ein. Von dort fehlt eine möglichst vom Straßenverkehr getrennte durchgängige „überkommunale“ Radwegverbindung entlang der Bahnlinien nach Moormerland und nach Ihrhove (nur z.T. vorhanden). Von der Reimersstraße aus muß dann aber auch eine fahrrad- und behindertenfreundliche Lösung für den Langsamverkehr bis in die Innenstadt gefunden werden. Wir würden mit diesen beiden Achsen den Nord-Süd-Fahrradverkehr mit dem Bahnhof und der Innenstadt verknüpfen.
2. Neue Fahrradverkehrsachse Evenburg - Denkmalsplatz
Der Bürgermeister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Tage des alten Tunnels an der Bremer Straße gezählt sind. Er kann ja nebenher, so lange es noch geht, in Betrieb bleiben. Doch wir sollten rechtzeitig darüber nachdenken, ein Zielkonzept erarbeiten, wie der Langsamverkehr nach einer Schließung dieses Fußgängertunnels organisiert werden soll. Gerade jetzt, wo man mit der Bahn wegen der Lösung der Bahnsteigprobleme im Gespräch ist.
Es hilft nichts:
Leer, der zentrale Bahnhof Ostfrieslands mit besonderer Bedeutung für den Fahrradverkehr (auch Fahrradtourismus), braucht (da eine ebenerdige Lösung wegen der Gleiskörper nicht möglich ist) eine niveauverschiedene neue Querung (sprich: Tunnel) des Bahnbereiches, dann aber mit einer vernünftiger Verknüpfung beider Stadtseiten. Ist man auch dieser Ansicht, ist die neue Lage so einer Verkehrsverbindung zu untersuchen. Es bietet sich an:
Man sollte zunächst etwas weitsichtiger als bisher über Alternativen zur vorhandenen einseitigen Bahnsteigunterführung nachdenken, der wie vor 150 Jahren die Bahnhofshalle mit den Bahnsteigen verbindet, kundenunfreundlich und behindertenfeindlich. Von Fahrradfreundlichkeit gar nicht zu reden. Diesen Anachronismus haben unsere Nachbarstädte Oldenburg und Bad Zwischenahn längst erkannt und beseitigt. Es gibt kaum eine größere Stadt im Bundesbahnnetz, wo der Bahnsteigtunnel nicht an beide Stadtseiten angeschlossen ist.
Man sollte nicht den sog. „Tunneldurchstich“ im Bahnsteigbereich, der überhaupt nicht ausreicht, favorisieren. Erst recht nicht einen kleinkarierten Ausbau des jetzigen Unterführungssystems, mit oder ohne Fahrstühle. Die Stadt hat nicht vorrangig die Probleme der Eisenbahn zu lösen, sondern muß selbstbewusst zukunftsgerichteter und weiträumiger für die Gesamtstadtinteressen planen. Was in Meppen geht, muß mit Hilfe der Bundesbahn und anderer Töpfe doch auch hier möglich sein!
In Meppen quert ein teils offener, teils gedeckter für Radfahrer und Fußgänger benutzbarer Tunnelweg das Bahnhofsgelände neben dem eigentlichen Bahnhof zwischen Bahnhofsstraße und Haselünner Straße (siehe google: „Meppen Bahnhof Stadtplan“). Ein Beispiel für Leer? Ich sage nicht, dass dort schon alles optimal gelöst ist. Auch in Meppen ist man noch nicht zufrieden (siehe Internet), plant weitere Schritte für insgesamt 10,2 Mill. Euro. Und die Bundesbahn zieht (und finanziert) mit!
Es bietet sich an, für den Langsamverkehr [2] planerisch eine neue stadtteil-zusammenführende Verbindung zwischen dem Denkmalsplatz und der Reimersstraße zu suchen:
a)in Richtung Evenburgallee und
b)in Richtung Hoheellernweg
führen und dort jeweils nach jeweils ca. 60 m Steigelänge wieder Straßenniveau erreichen.
An einigen Stellen, so z.B. beim Zollhaus, beim Bahnhofsvorplatz und an der Reimersstraße, könnten bequeme zusätzliche Treppen (meinetwegen auch Aufzüge) auf Geländeniveau führen.
Im Bereich des Bahnhofs könnte ein Fahrradzentrum mit Basisgeschoß ähnlich wie Münster (siehe unten) mit gleichem Niveau auch an diesen Tunnel angebunden sein.
Im Bahnhofsbereich selbst (aber das ist Sache der Bahn) benötigt die Bahn dann wie in Emden jeweils einen Aufzug zum Bahnsteig 1 und 4. Die Bahn könnte sich natürlich auch mit einer unterirdischen Unterführungserweiterung z.B. im Bereich des Bahnsteigs 4 an diese neu geplante Trog-/Tunnelstrecke zwischen Zollhaus und Reimersstraße anschließen.
3. Ordnung des Bahnhofs – und Zollhausvorplatzes
Im Zusammenhang mit einer m.W. geplanten parallel zur Georgsstraße geführten neuen Straße, mit Anbindung (wie auch immer) an den Bahnhofskreisel, sollte auch eine bessere und übersichtlichere Überplanung des Bahnhofs- und Zollhausbereiches erfolgen. Dazu will ich im Detail nichts sagen, da ich die hier vorhandenen Planungen der Stadt nicht genau kenne. Ich gebe aber zu bedenken:
Wenn ein ankommender Stadtfremder das Bahnhofsgebäude verlässt, hat er als Fußgänger erhebliche Schwierigkeiten, sich mit einem Blick zu orientieren. Eine klare durchgehende Fuß- und Radwegführung von der Reimersstraße bis zum Denkmal mit den einzigen Hinweisen
im Bahnhofs- bzw. Bahnhofsvorplatzbereich würde ihm sehr nützlich sein.
Diese Verbindung sollte sich, wenn man schon wegen eines Tunnels an eine teilweise unterirdische Lösung denkt, aber nicht nur auf die Querung des Bahngeländes beschränken, sondern noch ein Stück weiter stadteinwärts führen (siehe Meppen, Bad Zwischenahn usw.).
4. Neues Fahrradzentrum am Bahnhof
Ich denke auch an eine Verlegung der mit dem Fahrradverkehr zusammenhängenden Aktivitäten von der Nordseite zur Südseite des Bahnhofs:
Eine Neuordnung des Komplexes „Fahrrad am Bahnhof“ könnte so erfolgen, daß der mit dem Fahrradtourismus zusammenhängende Langsamverkehr weitgehend aus dem engen Bahnhofsbereich ausgegliedert wird. Wenn er von der Nord- an die Südseite verlegt wird, wäre er mit kurzem Weg an den vorgeschlagenen Radweg angebunden und man könnte ohne Kreuzen des Autoverkehrs direkt die Reimersstraße (weitere Ziele Evenburg – Moormerland – Ihrhove) und/ oder die Innenstadt (Denkmalsplatz) erreichen, auch Zollhaus, Hafenbereich und Altstadt. Man sollte bei der Planung einer neuen Trasse für den Langsamverkehr nicht zu sehr an den Bahnhofs-Baukörper kleben, sondern auch zukünftige weitergehende - vielleicht heute noch nicht so erkennbare Erweiterungspläne der Bahn - mit im Blick haben. Die Bahn hätte Erweiterungsflächen direkt südlich an ihren Bahnhof angrenzend zur Verfügung (und bei Abbruch der bisherigen Fahrradunterstelldächer auch an der Nordseite).
Weiter könnte man die Abstellflächen der Fahrräder von der Nordseite zur Südseite verlagern, hätte dort ausreichend Platz. Dafür könnte neben dem heutigen ZOB im Bereich des jetzigen, dann abzubrechenden Gebäudes (Weser-Ems-Bus und Imbiss usw.) eine auch architektonisch gut gestaltete zentrale Stelle für den Fahrradtourismus entstehen, mit umfangreichen Unter- und Abstellmöglichkeiten, Fahrradwerkstatt usw. (Siehe Münster).
Die Fahrradwerkstatt mit Fahrradverleih könnte dort in einem Untergeschoß untergebracht werden und wäre somit höhenmäßig direkt ohne Höhenunterschied an den Tunnel anzuschließen. Vom oberen Straßen- bzw. Vorplatzterrain aus könnte man in diesem Baukörper mit einer flachen Rampe direkt nach unten fahren. Münster hat in seinem Bahnhofsvorplatzbereich eine solche zentrale Stelle mit Untergeschoß geschaffen und mit den dafür errichteten Gebäuden die Vorplatzsituation erheblich aufgewertet. So könnte die jetzige städtebauliche Situation im Bahnhofsbereich räumlich und architektonisch völlig anders und besser geplant werden.
5. Die Kosten
Sicher kostet so eine Lösung Geld. Ich höre auch schon in Bezug auf die finanzielle Bahnbeteiligung die Rufe: „besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“.
Selbstverständlich ist mir klar, dass eine solche Gesamtmaßnahme „innenstadtübergreifendes Fahrradverkehrssystem Leer“ immens viel Geld in die Hand genommen werden muß, wie man neudeutsch so schön sagt. Aus sachlichen Gründen sollte aber zunächst eine Gesamtkonzeption erarbeitet werden. Man muß erst ein Gesamtkonzept haben und kann dann anschließend die Kosten dazu ermitteln. In einem weiteren Schritt wären dann die Bauabschnitte, die sich durchaus auch nach den Erfordernissen der Bahn richten können, aufzuteilen und zu bewerten.
Wir brauchen ein solches weiträumiges Gesamtkonzept, das auch bauleitplanungsmäßig abzusichern wäre. Erst dann kann man sich über Teil-Baustufen unterhalten. Weil wir schon mal bei Sprichwörtern sind:
„Man sollte nicht das Pferd vom Schwanz her aufzäumen.“
Mit freundlichem Gruß
Berend Schröder
09.Januar 2013
Anlage:
Vorschlag zeichnerisch
[1]Es gibt ja den Spruch: „Ich wohne jetzt 50 Jahre an der Bremer Straße. Davon habe ich 25 Jahre vor den Schranken gewartet.“
[2] Damit meine ich eine ohne Hindernisse begeh- und befahrbaren behindertengerechte Wegverbindung für Fußgänger, Radfahrer, Kinderwagen, Gehwagen (Rollator) für Ältere usw., teils als ebenerdiger Weg, teils als Trogstrecke mit vorschriftsgerechter Anrampung, teil als unterirdische Tunnelstrecke.
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