12.10.2010 Meine Meinung zu:

Diskussion über eine teilweise Gaskostenrückzahlung

 durch die EWE

Auf meiner neuen Homepage möchte ich aus aktuellem Anlaß als erstes ein Schreiben an die EWE in die Diskussion einbringen:  

 

 

Berend Schröder * 26789 LEER * Parkstraße 16                                                                            

 

EWE ENERGIE AG

Postfach 25 40

26015 Oldenburg

 

 

 

 

Leer, 12. Oktober 2010

 

Betr. : Offener Brief

wegen der Abrechnung meines Gasverbrauchs

Hier  : Ihr Schreiben vom 06.10.2010

(einige persönliche Daten sind hier entfernt worden) 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich nehme Bezug auf mein Widerspruchsschreiben vom 11.11.2008 (gerichtet an EWE Leer) bezüglich der damals von Ihnen angekündigten Gaspreiserhöhung. Ausdrücklich war von mir seinerzeit den Erhöhungen von 2004 bis 2008 widersprochen worden. Ich hatte Sie in dem Widerspruchsschreiben weiterhin gebeten (ich nehme an, dass das auch so erfolgt ist), dem Gericht meine damalige Ausarbeitung mit vorzulegen. Inzwischen hat das höchste deutsche Gericht mit Urteil vom14.07.2010 u.a. die von mir aufgeführten Gründe weitgehend als richtig bestätigt.

 

Zu Ihrem aktuellen Schreiben nehme ich wie folgt Stellung:

 

  1. Der massive Vertrauensverlust ihrer Kunden ist sicherlich auch begründet durch die katastrophale Öffentlichkeitsarbeit Ihres Hauses. Ich erwarte, dass zumindest der dafür zuständige und Verantwortung tragende Ressortleiter von seinen Aufgaben entbunden wird, natürlich ohne finanziellen Ausgleich.
  2. Ebenso ist mit dem Ressortleiter zu verfahren, der für die Erarbeitung der Satzungen für die sogenannten Sonderkunden verantwortlich ist. Die Satzungen sind m.E. seit mindestens 2004 nicht rechtssicher.
  3. Weiter sind personelle Konsequenzen zu ziehen bei den Mitarbeitern, die sich diese kundenunfreundlichen Aktionen ausdenken und ihre Umsetzung verfolgen. Hier geht es sehr um die Unternehmensstrategie, die ein grundsätzliches Umdenken erforderlich macht. Das Missverhältnis zwischen ihren schönschreibenden Briefverfassern und der tatsächlichen Wirklichkeit ist so groß, dass es nicht mehr als kundenfreundlich bezeichnet werden kann. Ich fürchte, dass hier ein Umdenken und Umsteuern nur möglich ist, wenn die für die Marktstrategie zuständige Ressortleitung eine andere wird.

 

Die geforderten Personalkonsequenzen sind selbstverständlich nicht Kundensache, sondern eine Aufgabe der Firmengremien. Doch wären solche der Öffentlichkeit bekannt werdenden Maßnahmen dazu angetan, wieder etwas Vertrauen in die EWE zu setzen. Denn diese Personen  sind verantwortlich dafür, dass es mit der Reputation von EWE nicht mehr weit her ist. Es ist schließlich zu bedenken, dass sie Ihrem Hause schweren Schaden zugefügt haben, neben dem Vertrauens- auch einen hohen finanziellen Schaden. Besonders den hohen Verwaltungsaufwand der jetzt laufenden Aktionen einschließlich der schon erfolgten und noch folgenden Gerichtsverfahren haben sie zu verantworten. Schlimmer ist, dass diese Kosten wieder in die Gaspreiskalkulation mit einfließen werden und vom Gaskunden bezahlt werden müssen. Dabei mutet es fast nebensächlich an, dass die EWE weit über eine halbe Million Kunden verunsichert und in Erklärungszwang gebracht hat. Schon das immer wieder anfallende Porto für die Rundschreiben an 620.000 Anschriften hätte eingespart werden können, wenn man richtig gehandelt hätte.

 

  1. Offensichtlich betreiben Sie keine marktangepasste Bevorratung, die uns Kunden günstige Preise ermöglicht:
    • Es ist von offizieller Seite bekannt gemacht worden, dass die Energieeinkaufskosten nicht gestiegen sind und ausreichend Gas am Markt vorhanden ist, ja, Raum für Kostensenkungen da ist.
    • In einer aktuellen Wochenendzeitung heißt es dazu, dass „EWE-Kunden deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen, während Dutzende andere Energieversorger ihre Preise für Erdgas zum Teil sehr drastisch senken.“
    • Die Ostfriesen- Zeitung berichtet: „Nach Ansicht der Grünen gibt es keine Rechtfertigung für die Gaspreiserhöhungen, da der Rohölpreis seit drei Jahren mit einigen Schwankungen auf fast gleichem Niveau verharre und die Gaspreise nach Angabe der Konzerne an die Ölpreise gekoppelt sind“.
    • Die EWE selbst redet im Zusammenhang mit den Kavernenaussolungen im Rheiderland immer davon, dass die Speicher es ermöglichen, die EWE aus den Preisschwankungen des Weltmarktes herauszuhalten.

Ist das alles nicht wahr?

 

  1. Ich befürchte, daß
    • Sie mit der schon angekündigten Erhöhung um 15,9% jetzt durch das Bundesgerichtshof-Urteil notwendig werdende Rückzahlungen wenigstens zum Teil wieder hereinholen wollen,
    • der riesige Verwaltungsaufwand, der als Folge des Urteils jetzt einen Dialog mit 620.000 Kunden, Gerichtsverfahren usw. notwendig macht, in die Gaspreiskalkulation einfließt und daher (unberechtigt) vom Kunden über höhere Gaspreise bezahlt werden muß,
    • Ihre Aktivitäten im Ausland und in den östlichen Bundesländern zuviel Geld verschlingen (Sie sind doch schließlich ein in Ostfriesland von den örtlichen Kommunen für die eigene Energieversorgung gegründetes Unternehmen),
    • Ihre nicht ins bisherige eigene Firmenprofil fallenden weiteren riskanten wirtschaftlichen Aktivitäten als Internet- und Medienanbieter sowie als geplante Fernsehanstalt auf dem Rücken der Gaskunden abgewickelt werden, weil mit der Energieversorgung erwirtschaftete Erträge für die Entwicklung dieser neuen Abteilungen verwendet werden. Wo soll es denn sonst herkommen?
    • auch die Bevorratungsarbeiten in Hohegaste und insbesondere in Jemgum nicht langfristig verteilt durchgeführt werden und dadurch die Erschließungs- bzw. Baukosten in kurzer Zeit und geballt anfallen. Wenn man alles auf einmal will, fallen die Kosten eben auch auf einmal an, einschließlich der hohen Kreditkosten.

 

  1. Es geht bei Ihren Erhöhungen, die nächste mit 15,9% haben sie ja schon angekündigt, nicht wie von Ihnen immer wieder suggeriert wird, um unbedeutende Beträge.
    • Nur die jetzt angekündigte Erhöhung bedeutet schon, dass der Kunde allein für seine Energiekosten (nur für den Gasverbrauch) ca. 1/6 mehr ausgeben muß. Und das alles bei nur mäßig steigenden Löhnen und Nullrunden bei den Rentenbezügen Ihrer sog. Sonderkunden. Es geht schließlich nicht um Peanuts für diesen betroffenen Kreis. Sondern es geht um Erhöhungsbeträge, die viele Ihrer Kunden in eine exzistenzbedrohende finanzielle Krise bringen werden.
    • M.E. hat ein mit starker Beteiligung der öffentlichen Hand arbeitendes Unternehmen - mehr noch als andere - die Verpflichtung, diese soziale Komponente nicht zu vergessen, erwirtschaftete Überschüsse nicht in fremde Sachfelder zu transferieren, sondern vermehrt den Kommunen bei der Vielfalt der kommunalen Sozialaufgaben beizustehen. Vorbildlich wird das z.B. von der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse gesehen.

 

Nun zu Herrn Dr. Henning Scherf:

 

Ich darf vorausschicken, dass ich Herrn Dr. Scherf für einen durchaus honorigen Mann halte, seine bisherige Lebensleistung und seine bisherige gelebte soziale Kompetenz zu schätzen weiß.

Um so weniger verstehe ich, dass er sich vor diesen Karren hat spannen lassen.

  1. Dazu aus meiner Sicht:

o      Herr Dr. Scherf ist weder als Schlichter oder als Vermittler legitimiert. Denn dazu würde der erklärte Wille beider Vertragspartner, also neben der EWE auch der der Kunden, gehören.

    • Herr Dr. Scherf ist faktisch, bei allem unterstellten guten Willen, höchstens ein von der EWE einseitig eingesetzter Parteigutachter.
    • Seine Ausarbeitung ist keineswegs bindend. Die Gremien der EWE können natürlich, wen wundert’s, seine Argumente übernehmen. Aber aus Sicht der Kunden, die bei der Beauftragung Dr. Scherfs ja außen vor waren, brauchen sie nicht einmal zur Kenntnis genommen werden.
    • Das Ergebnis ist ja nicht einmal durch den Kunden überprüfbar, da Dr. Scherf nicht angegeben hat, wie sich seine Rückzahlungspauschalen im einzelnen zusammensetzen.
    • Es ist m.E. zweifelhaft, ob man durch ein willkürliches „Greifen“ einer Zahl den Ansprüchen einer verwaltungsgerechten, fairen Abrechnung gerecht werden kann.

 

  1. Herr Dr. Scherf lässt einen simplen Grund, weshalb ihm nicht gefolgt werden kann, außer acht:
    • Der Bundesgerichtshof hat erklärt, dass keine rechtlich eindeutigen Satzungsgrundlagen für die geforderten Preiserhöhungen, m.E. auch für die seit 2004, vorliegen. Damit entfällt m.E. vollständig eine Zahlungsverpflichtung der Kunden für Gaspreiserhöhungen in dieser Zeit.
    • Es bleibt das ungeklärte Geheimnis von Herrn Dr. Scherf, weshalb er daraus abgeleitet nicht zu einem 100%igen Rückzahlungsvorschlag kommt, der dann auch klagesicher gewesen wäre. Neben der mathematischen darf daher auch eine sich an geltendem Recht orientierte Richtigkeit und Unabhängigkeit seiner Ausarbeitung durchaus angezweifelt werden.

 

  1. Ihre Urteilsschelte, der Bundesgerichtshof habe Sie in eine unsichere Situation gebracht, geht ins Leere.
    • Es ist schließlich Schuld der EWE (und nicht des Bundesgerichtshofes), wenn keine rechtssichere Satzung erstellt wurde.
    • Es ist nun eben einmal allseits geübte Gerichtspraxis, dass die Frage zur rechtlich einwandfreien Abrechnungsbasis zuerst geklärt werden muß. Da die vom Gericht vorgenommene Überprüfung der Satzungsgrundlagen jedoch negativ für Sie ausfiel, war kein Einstieg in eine Überprüfung der einzelnen Kostenerhöhungssätze mehr erforderlich.
    • Wenn aber keine rechtlich einwandfreie Basis für eine Kostenerhöhung vorliegt, ist auch keine rechtlich einwandfreie Kostenerhöhung nach Satzung durchzusetzen.
    • Daraus folgt, dass keine Abrechnung nach einer Satzung vorgenommen werden kann. Diese Tatsache wird von Herrn Dr. Scherf nicht bewertet. Das führt widerum zu dem Verdacht, dass hier zugunsten der EWE begutachtet wurde.

 

  1. Es fehlt bei Ihnen die neue rechtliche Einordnung des Verfahrens, die mit der Einschaltung Dr. Scherfs eingetreten ist.
    • Mir als Kunden wird nicht eindeutig  erklärt, welche Folgen es mich hat, wenn die EWE nicht mehr die satzungsrechtliche Abrechnung will, sondern eine Abrechnung außerhalb der Satzung über eine privatrechtliche Lösung (Scherf) durchsetzt. Es wird z.B. nicht eindeutig gesagt, ob der Kunde auch dann nachträglich klagen kann, wenn er z.B. den auf Basis Scherf ermittelten Betrag angenommen hat und spätere Gerichtsurteile eine volle Zurückerstattung ermöglichen.
    • Ich halte eine solche freiwillige Vereinbarung zur Rückzahlung einer Pauschale außerhalb jeder Satzung daher für rechtlich bedenklich. Denn es geht hier ja nicht um meinen Einzelfall, sondert um 620.000 Einzelfälle, für die eine einheitliche Lösung erforderlich ist. Es kann doch nicht angehen, dass einige Kunden aufgrund von jetzt noch ausstehenden Gerichtsurteilen eine volle Rückerstattung erhalten, während andere, die den Schreiben und Versicherungen der EWE glauben, mit der Hälfte abgefertigt werden.
    • Der Scherf- Vorschlag ist m.E. eine nicht sehr verwaltungsgerechte Lösung und könnte nur greifen (das müsste aber noch rechtlich geprüft werden), wenn alle Kunden ihre auf Grund einer fehlerhaften Einziehungsgrundlage erfolgten Erhöhungszahlungen auch in etwa vollständig zurückerhalten, nicht nur zur Hälfte. Ansonsten würde die EWE sich ja auf Kosten ihrer Kunden unverhältnismäßig bereichern. Das widerum würden die Gerichte höchstwahrscheinlich nicht mittragen.

 

  1. Der frühere Politiker Herr Dr. Scherf ist von Ihnen gelobt worden für seine Arbeit. Der Gerechtigkeit halber füge ich hinzu, dass auch
    • Herrn Dieter Baumann (CDU) und
    • Frau Johanne Modder (SPD)

gedankt werden muß, weil sie sich weiterhin für eine vollständige Rückzahlung einsetzen, nicht zugestimmt haben und bei der Bekanntgabe nicht eingeknickt sind.

o      Es ist bedauerlich, dass die anderen politischen Volksvertreter in den Beschlussgremien der EWE hier ihre Parteivorderen im Stich gelassen haben.

o      Auch die Anteilseigner (Kommunen) haben sehr kurzsichtig wohl mehr an die jährlichen kassenwirksamen Einkommensbeträge als an ihre Bürger gedacht, die von der Zustimmungsentscheidung der Anteilseigner schwer getroffen wurden.

 

 

Ich komme zusammenfassend zu dem Schluß,

o      dass eine Rückzahlungsklärung durch die Arbeit von Herrn Dr. Scherf nicht möglich und sinnvoll erscheint. Denn es ist mit einer Fülle von für den Kunden erfolgsversprechenden Klagen zu rechnen, die eine höhere Rückzahlung zur Folge haben werden.

o      Eine andere Situation ergäbe sich, wenn bei einer von Ihm angestrebten privatrechtlichen Lösung (also nicht über Satzung) eine annähernd vollständige Rückzahlung herauskommen würde.

o      Ein von Dr. Scherf vorgeschlagener Kompromiss, der eine Absenkung der Rückzahlung zugunsten der EWE auf die Hälfte vorsieht, ist m.E. rechtlich nicht möglich. Weil er einen unangemessenen Vorteil zugunsten des Konzerns und zu Lasten der Kunden vorsieht und damit die EWE sich unrechtmäßig bereichern würde.

 

Nun habe ich als Kunde aber bereits aufgrund einer vom Gericht als nichtig erklärten Satzung bezahlt und teile dazu mit:

o      Ich habe wie vorgetragen Bedenken gegen die Scherf-Regelung und bitte daher um Prüfung, ob nicht ein anderer Weg, der eine vollständige Rückzahlung der Erhöhungen beinhaltet, möglich ist.

o      Ich erhebe grundsätzlich einen Anspruch auf die Rückzahlung der nicht satzungsgerecht ermittelten und von mir bereits bezahlten Gaskosten, zumindest der Erhöhungen. Und zwar zu 100%. Und möglichst noch vor Weihnachten.

o      Die Beträge ließen sich von mir – m.E. auch mit großer Aussicht auf Erfolg – über eine Einzelklage einklagen. Ich könnte mich auch einer Sammelklage anschließen. Hier müsste ich mich wahrscheinlich von einem mit diesen Fragen vertrauten Rechtsanwalt beraten und gegebenenfalls vertreten lassen. Ich behalte mir vor, so eine vollständige Rückzahlung über den Klageweg zu erreichen. Da die ersten Urteile in dieser Sache aber wohl bald vorliegen werden, möchte ich eine endgültige Entscheidung über einen Klageweg solange zurückstellen.

 

Zu unserem Vertragsverhältnis möchte ich anmerken, dass ich – bis auf diesen Abrechnungsstreit – mit den Leistungen der EWE sehr zufrieden bin und z.Zt. keinen Anlaß sehe, zu einem anderen Lieferanten zu wechseln. Ich hoffe immer noch, dass die Vernunft einzieht und eine kundengerechte, rechtlich einwandfreie und gerichtsfeste Lösung erreicht wird.

 

Mit freundlichem Gruß

Berend Schröder