Stand 20.07.2011 Vom SontagsReport ohne Erklärung nicht veröffentlicht.

10.07.2011 / „ECE - Aufklärung der Bürger“ durch persönliche Verunglimpfung?

Leserbrief zur Anzeigenaktion der BI „Leer braucht mehr“ im SonntagsReport

 

Die BI „Leer braucht Leer“ (sehr geistreich) drohte im Januar, missliebige Mitbürger in den Geschäften der Altstadt nicht zu bedienen (siehe dazu www.bs-meine-meinung.homepage.eu, dort ECE 01). Nun ein weiterer Höhepunkt: Sie betreibt „Aufklärung der Bürger“ indem sie in einer (im übrigen nicht billigen) Anzeigenkampagne Befürworter des ECE-Centers in Leer in mittelalterlicher Art und Weise an den Pranger stellt. Es ist dabei höchst durchsichtig und scheinheilig, wenn man dann auch noch behauptet, die abgebildeten Personen gar nicht direkt zu meinen. Hier wird mit dem Recht auf Persönlichkeitsschutz Schindluder getrieben, werden Ratsmitglieder bewusst und ehrverletzend stigmatisiert und demontiert.

Ich für meine Person habe Respekt

  • vor den Bauausschussvorsitzenden Hans Fricke, der seinen positiven Standpunkt in der Presse sehr ausführlich erläuterte,
  • für das Ratsmitglied Lutz van Ohlen, der sich unauffällig und weniger pressewirksam um eine Mehrheit für ein Einkaufszentrum inmitten der Stadt bemüht.
  • Aber auch vor den stellvertretenden Bürgermeister Bruno Schachner, der sehr detailliert und nachvollziehbar in der Zeitung begründete, weshalb er mit seinen Freunden zu einer ablehnenden Haltung kommt.
  • Auch die FDP hat differenziert Stellung bezogen, ist wohl in der Konsequenz gegen ein Zentrum.
  • Auch andere, z.B. der Fraktionsvorsitzender der SPD, Heinz Dieter Schmidt hat, durchaus nachvollziehbar, seine Position und die seiner Fraktionsfreunde für ein Einkaufszentrum erläutert und 5 Bausteine herausstellt, die für die SPD wichtig sind.
  • Bei der CDU muß man z.Zt. vorsichtig sein, wer für was spricht. Aber auch sie hat schon deutlich gemacht, unter welchen Voraussetzungen sie einem ECE in der Innenstadt zustimmen kann.  

Es zeugt nun von einem merkwürdigen Demokratieverständnis, wenn die von der Bevölkerung gewählten Sprecher so angegangen werden. Nur weil sie als Ratsmitglieder nach reiflicher Überlegung eine andere Meinung vertreten,  also zum Teil auch Befürworter einer ECE-Lösung sind, wird ihnen unterstellt,  sie kümmerten sich nicht um Volkes Meinung, wollten dem Einzelhandel in Leer an den Kragen, würden Arbeitsplätze vernichten. Das sind schlicht unwahre Gründe.

Umgekehrt wird ein Schuh draus:

  • Es sollen 50-60 neue Geschäfte in der Mühlenstraße, hinter den historischen kleinmaßstäblichen Kaufhausfassaden verteilt, gebaut werden,
  • dafür will eine private, in solchen Sachen erfahrene ECE ca. 70 Millionen Euro auf eigenes Risiko in Leer investieren, die direkt in den Baumarkt (Baufirmen und Baustoffgeschäfte, Zulieferer) gehen,
  • Es wird ca. 500 (!) neue Arbeitsplätze in Leer in dem neuen Einkaufscenter geben.
  • Die Bürgermeister-Ehrenholtz-Straße erhält eine architektonisch gestaltete Häuserfront. Zu wünschen wäre: Dort mit einer durchgehenden gedeckten Passage (Arkardengang).
  • Der dringend benötigte Frischemarkt rückt in greifbare Nähe
  • usw., usw.  

Dafür setzen die Befürworter im Rat sich also offensichtlich mehrheitlich ein. Ist das so schlecht?  Die vorgesehene gewaltige Millionen-Investition bedeuten ein riesiges Bauvolumen, den unsere Bauwirtschaft so nötig braucht. Daraus resultieren Steuereinnahmen für die Stadt, mit der wir unsere Infrastruktur vorhalten und verbessern können. Und überall im Center wird es neue Arbeitsplätze für Leer und die umgebende Region geben.

 

ECE hat in allen (über 30) Städten Norddeutschlands (in ganz Deutschland sind es über 130) bewiesen, dass sie fortschrittlich planen kann. Nicht nur für sich, sondern auch für die jeweilige Stadt. Alle Einkaufscentren der ECE laufen, wenn auch nach einer gewissen Anlaufphase, die man ihr zugestehen muß. Auch das oft zitierte Hameln wird inzwischen gut frequentiert. Galerien in Deutschland, die nicht die Erwartungen erfüllen, sind in der Regel zu klein. Oder die Stadt und sein Umfeld sind nicht groß genug für so ein Center. Aber das ist eine Risikoabwägung des Bauherrn und nicht eine der Stadt.

 

Die meisten Ratsmitglieder sehen vorrangig in dem Center eine wichtige Entwicklungschance für die Innenstadt. Denn mit einem zeitgemäßen Innenstadtcenter gewinnt Leer wieder eine Perspektive. Nicht umsonst unterstützen weitsichtige Kaufleute dieser Stadt (Brahms, Poppen, Többens usw.), die bewiesen haben, dass sie etwas vom Investieren verstehen, diese Planungen. Denn Sie wissen: Leer, noch Einkaufsstadt Nr.1 in Ostfriesland, droht allmählich in die Mittelmäßigkeit abzugleiten.  Von den guten Sonnabenden einmal abgesehen (wo auch mehr flaniert und Kaffee getrunken, als gekauft wird), ist in der Woche immer weniger los in der Fußgängerzone. Die Werbegemeinschaft versucht, mit vielen Aktionen gegenzusteuern. Weitsichtige Ratsmitglieder sind nun gefordert, dort mitzuwirken und hier richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Das hat die Mehrheit des Rates auch erkannt und tut etwas.

 

Man muß aber aufpassen, dass auch bei einem grundsätzlichen Ja zu einer Galerie in der Innenstadt bestimmte „Bausteine“, die die Parteien inzwischen formulieren, Berücksichtigung finden. Hier könnte eine BI hervorragend mitarbeiten, nicht von vornherein alles ablehnen,  sondern eigene Impulse einbringen. Das hat bei der Altstadtsanierung auch prima geklappt. Bei allem Krahkehlen dagegen hat damals eine kleine Gruppe, angesiedelt beim Heimatverein (z.B. Esser, Wobst, Winenga usw.), die Planung wesentlich bereichert.

 

Bei allen großen Entscheidungen in Leer (Bau der Autobahnen, Emstunnel, Eingemeindung der heutigen Ortsteile, Altstadtsanierung, Hafenpromenade, Einrichtung der Fußgängerzone,  Planung und den Bau der  Nessebrücke, Lidl-Markt an der Ubbo-Emmius-Straße, soziale Stadt im Ostteil Leers usw.): Immer wieder versuchten Zauderer und Zögerer, die Entwicklung unserer Stadt durch kurzsichtige einseitige Argumente zu verhindern, hatten zuviel Eigeninteresse und zuwenig das Gesamtwohl der Stadt im Auge. In allen diesen genannten Fällen hat der Rat, sicherlich nach Diskussionen (auch mit den Kritikern), die richtigen Entscheidungen getroffen. Haben die Frauen und Männer, die wir selbst in den Rat gewählt haben, es deshalb nicht verdient, ihnen ein wenig mehr Vertrauen entgegenzubringen? Müssen sie in dieser ehrverletzenden Weise gebrandmarkt werden?

 

Der BI kann ich nur raten, für den Rat der Stadt zu kandidieren, sich von ihren Wählern ein entsprechendes Mandat zu holen und dann zu versuchen, für ihre Entscheidung Mehrheiten zu gewinnen. Denn wenn sie den jetzigen Ratsmitgliedern so unversöhnlich misstraut, wäre das doch der bessere Weg. Nicht der, sich relativ unsichtbar hinter einer BI zu verstecken und von dort aus meckernd und persönlich verunglimpfend die von der Mehrheit der Bevölkerung gewählten Vertreter und die Verwaltung in Misskredit zu bringen.

 

Im übrigen rate ich davon ab, in der ECE-Frage parteipolitisch in Fraktionsblocks zu entscheiden. Das war noch nie gut. Jedes Ratsmitglied sollte sich, auch in Gesprächen mit seinen Wählern, eine eigene Meinung bilden und dann auch so entscheiden. Die Abstimmung über diese Grundsatzfrage der Innenstadtentwicklung – und das ist sie ohne Zweifel – sollte von den Parteien daher freigegeben werden.

 

Berend Schröder

Leer-Heisfelde